published in: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung, 2009, 78 (1), 5-7
Der Artikel zeigt in den grundlegenden Zügen die Entwicklung in Ostdeutschland seit dem Beginn der Umstrukturierung auf und zieht eine Bilanz zum Stand des Anpassungsprozesses 20 Jahre nach dem Mauerfall. Wie sich an der Entwicklung der Wirtschaftsleistung zeigen lässt, ist der wirtschaftliche Neuaufbau gut vorangekommen. Allerdings ist das Resultat hinter den Erwartungen zur Wendezeit zurückgeblieben. Und weiterhin sind die neuen Bundesländer weit davon entfernt, wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen zu können. Sie werden noch massiv vom Westen unterstützt. Ausdruck der Rückständigkeit ist neben einem relativ großen Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten eine vergleichsweise geringe Produktivität. Deren Ursachen sind vielfältig. So mangelt es an Beschäftigung und Wertschöpfung in solchen Sektoren, die generell eine vergleichsweise hohe Produktivität vorweisen. Exemplarisch für das verarbeitende Gewerbe lässt sich zeigen, dass größere Betriebe unterrepräsentiert sind, und dass Arbeitsplätze, die eine höhere Qualifikation voraussetzen, relativ weniger als im Westen zu finden sind. Hinzu kommt eine bisher nur wenig beachtete Einflussgröße: die im Vergleich zu den alten Bundesländern viel dünnere Besiedlungsdichte Ostdeutschlands. Insbesondere für die alten Bundesländer lässt sich zeigen, dass eine überdurchschnittliche Wirtschaftsleistung in erheblichem Maße mit einer starken Besiedlungsdichte zusammenhängt. In Ostdeutschland ist das auch der Fall – wegen der enormen Ausgleichswirkungen der Sozialtransfers aber weniger deutlich als im Westen. Es wäre eine Illusion zu glauben, solche Strukturunterschiede mittelfristig ausgleichen zu können, zumal die Differenzen in der Raumstruktur zwischen Ost und West historischen Charakter haben. Überdies gibt es sowohl innerhalb der alten wie innerhalb der neuen Bundesländer große regionale Disparitäten. Fast 20 Jahre nach der Deutschen Einheit sollte man deshalb Abschied von den meist zu simplen Ost-West-Vergleichen nehmen. Viel mehr muss die Frage in den Vordergrund gerückt werden, welche Wachstumsmöglichkeiten die einzelnen Regionen Ostdeutschlands – auch angesichts des Bevölkerungsrückgangs – überhaupt haben. Zu einem "neuen politischen Realismus" gehört neben dem längst überfälligen Abbau von Subventionen eine Neuausrichtung der Regionalförderung – und zwar nicht speziell für Ostdeutschland, sondern im gesamtdeutschen Rahmen unter Einbeziehung der neuen Bundesländer.
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